Pilgerbericht 2008

von unserer Pilgerschwester und Erstpilgerin
Katharina Revers, Meerbusch

über die Trier-Wallfahrt der Sankt Matthias Bruderschaften Vorst und Holzbüttgen
vom 26. April bis zum 30. April 2008.

 

Meine erste Pilgerreise

„Oh Gott!!!“ Lydia wählte mich unter den fünf Erstpilgern Dieter, Peter, Ulla, Lilli und mich Katharina II (Karin) aus, den Pilgerbericht 2008 zu schreiben.
Für mich eine echte Buße. Ich hatte doch meine Schulzeit mit den schrecklichen Deutschaufsätzen (wie z.B. mein schönstes Ferienerlebnis) schon Ewigkeiten überstanden und konnte mich auch jahrelang erfolgreich um Protokolle auf Elternabende drücken. Und jetzt viel mir echt keine Ausrede ein. Hier muss ich an die Worte meiner Namensvetterin Katharina I denken: Ohne Buße kein pilgern!
Ich sagte also bereitwillig zu, da ich erstens als junge frischgebackene Pensionärin keine Ausrede hatte und zweitens vor meiner Pilgerreise bereits mit großer Neugierde die alten Berichte gelesen habe und sie nach dem Pilgern noch interessanter und lebendiger fand. Die Veröffentlichung der jährlichen Pilgerberichte im Internet ist also eine super Idee! Die Berichte sind ausnahmslos interessant und ausführlich und Will „toppt“ das Ganze noch durch seinen lyrischen Beitrag.
Umso schwieriger für mich jetzt etwas zu Papier zu bringen.
Durch das perfekte Führungsteam Heijo, Günter, Jonas und Lydia
(an dieser Stelle nochmals meinen aller herzlichsten Dank für die große Mühe und den stetigen Einsatz) verzichte ich dieses Jahr auf den Bericht in Tagebuchstil.
Denn bereits vor der Pilgertour bekamen wir einen ausführlichen „Zeitplan Fußwallfahrt 2008“ ausgehändigte, sowie das sehr schön gestaltete Pilgerheft der SMB Holzbüttgen zur Trier-Wallfahrt 2008, mit einem selbst gemalten Titelbild von Lydia und einem mit Sicherheit arbeitsaufwendigen Layout von Günter.
Ich entschied mich deshalb meine Gedanken und Erlebnisse vor, während und nach dem Pilgern zu erzählen.

Vor dem Pilgern:

Wieso entschied ich mich eigentlich fürs Pilgern???
Ca. 1 ½ Jahre vor der Trier-Wallfahrt habe ich lediglich  mit Begeisterung den Bestseller von Hape Kerkeling „Bin dann mal weg“ gelesen, habe das Buch aber ohne den Vorsatz weggelegt, selber einmal pilgern zu wollen.
M.E. habe ich mich nicht vom Pilgervirus in Funk und Fernsehen anstecken lassen. Es  wurde u. a. vom Ausbau des Jacobsweges in Deutschland berichtet und auch im Radiosender WDR hörte ich ein „Pilgerspezial“. Eigentlich hätte Pilgern für mich nicht in Frage kommen können, weil ich sogar  extrem lauffaul war und zu meinen Hobbys zählte auf keinen Fall das Wandern, sondern Radfahren, Tennis und Segeln.
Auslöser war meine unerwartete „Frühpensionierung“; also meine neue Lebenssituation.
Als meine Freundin Mechthild  mir von ihrer beabsichtigten 3. Pilgertour in Büttgen erzählte, wurde ich auf einmal hellhörig. Ich mailte meiner Cousine Lilli, die ebenfalls gerade ihren Job aufgegeben hatte, ob sie sich vorstellen könnte zusammen mit mir so eine Herausforderung zu suchen. Es kam ein promptes ok. Mechthild organisierte erste Probeläufe mit ihren Büttger Pilgerschwestern und Ulla, Lilli und ich wurden in einem kleinen Kreis herzlich aufgenommen. Unsere Entscheidung war gefallen. Wir sind dabei!!! Umso frustrierter waren wir, als unsere Anmeldung in Büttgen zu spät kam. Aber eine nette Empfehlung, uns an Holzbüttgen zu wenden hat, war, wie ihr alle wisst, unser großes Glück.
Besser hätte es nicht sein können!!!
Sofort erkannten wir auf der Homepage und durch die organisierten Vortouren die Stärke des Führungsteams. Wir wurden sofort sehr herzlich aufgenommen.

Während des Pilgerns

Endlich war es soweit! Endlich ging es los! Am Samstag, den 26.04.2008 klingelte der Wecker um 3 Uhr. Vorher hatte ich jedoch bereits mehrmals auf die Uhr geguckt, um auch ja nicht zu verschlafen. Lilli holte mich, für ihre Verhältnisse, sehr spät ab. Sie geriet zur nachtschlafenden Zeit in eine Polizeikontrolle und sollte auch noch ins Röhrchen  pusten. Als die Polizisten jedoch die Pilgeranhänger  an den Gepäckstücken lasen, durfte Lilli  so weiterfahren. (auch hier nochmals ein Kompliment an die gute Organisation, alles funktionierte mit den zwei Gepäckstücken und den Anhängern perfekt)
Während der Autofahrt nach Holzbüttgen stellten Lilli und ich uns natürlich, wie schon oft davor, die bange Frage:
Was tun wir uns überhaupt an? 180 km in vier Tagen! Aber es musste ja irgendetwas Besonderes geben, denn viele gingen schon das x-te Mal mit. Als Vorbild habe ich mir u.a. Albert mit 75 Jahren das 11.Mal dabei gemerkt, ohne im Voraus zu wissen, dass er als Fotograf und  Kameramann oft noch einige zusätzliche Kilometer mehr machte. Dann seien auch die Pflegeschwestern Hildegard und Uschi genannt. Sie pilgerten und führten auch noch die Pflegestation.
Das hieß, morgens früher aufstehen, Mittag- und Abendessen etwas schneller essen um immer wieder etliche geschundene Füße zu verarzten. Unglaublich!!! Hier nochmals vielen, vielen Dank!
Die Pilgerreise begann um 4.45 Uhr mit einer Hl. Messe in der Pfarrkirche Sieben Schmerzen Mariens. Präses Herrn Pastor Josef Brans schickte uns mit den besten Wünschen für ein gutes Gelingen unserer Wallfahrt auf den Weg.

Das Thema der Wallfahrt 2008 lautete:

„Seid bereit, von der Hoffnung zu sprechen, die euch erfüllt“ Petr 3, 15

Am ersten und zweiten Tag  stand gedanklich  noch die „sportliche“ Herausforderung im Vordergrund. Ich wollte unbedingt ohne Blasen das Ziel erreichen und auf keinen Fall im Begleitfahrzeug mitgenommen werden; man hat ja schließlich seinen Stolz.

Obwohl ich im Nachhinein denke, man hätte  bei den netten Fahrern Franz und Heinz  ruhig einen Schwächeanfall vortäuschen sollen. Auch an Euch ein herzliches Dankeschön für Euren Einsatz, Euer sonniges Gemüt und die Witze, die zwischendurch immer wieder für gute Laune sorgten. Franz bekommt von mir einen Orden für die scheinbar große Gelassenheit, die er bei der Wurzelpanne an den Tag legte. Die Situation war so aussichtslos, selbst das Fahrzeug zu bergen, dass ein Bauer zu Hilfe geholt werden musste. Ihm gelang es dann Gott sei Dank auf der engen und abschüssigen Abfahrt den Transporter aus der Wurzel zu befreien.

Jedoch spätestens am dritten Tag war die sportliche Herausforderung für mich in den Hintergrund getreten. Die KM-Leistung war nicht mehr wichtig. Ich spürte die Zusammengehörigkeit zur Pilgergemeinschaft. Die Pilgerschar wuchs immer mehr zusammen.

Nach der Taufe der Erstpilger  und den herzlichen Umarmungen fühlte ich mich wirklich als Pilgerschwester in der Gemeinschaft aufgenommen. Ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl und eine Gemeinschaft, zu noch vor zwei Tagen fremden Personen, waren entstanden.
Das Pilgern wurde nun durch die Gemeinschaft getragen, indem man interessante Gespräche führte, Beobachtungen machte, die Natur erlebte, sich näher kennen lernte; indem man gemeinsames erlebte,  Sympathie oder Seelenverwandtschaft entdeckte, Vertrauen entstand; man Freundschaft, Geborgenheit und Zufriedenheit empfand; auch wurden sehr schöne Meditationstexte zum Thema Hoffnung vorgetragen wurden,  gemeinsam gebetet und gesungen und nicht zuletzt viel gemeinsam gelacht .
Hier denke ich u.a. an den Ameisenwitz in der Frohnertkapelle und die vielen Witze von Peter (rein genetisch bedingt, wie der Vater, so der Sohn) Der beste Spruch von Peter soll hier nicht unveröffentlicht bleiben. Er fragte meine Cousine Lilli, ob sie in ihrem kleinen Rucksack Duracell Batterien hätte und sie deshalb einen so rasanten, dynamischen Schritt hätte. Auch hatte Hans beim bunten Abend mit seinem schon häufiger vorgetragenen Sketch „edle Leonore“ wieder die Lacher auf seiner Seite. Kerstin, Odilia, Andrea, Katharina und Lydia unterhielten an diesem Abend die Pilgerschar. Die musikalischen Talente von Will lernten wir bei seiner Darbietung kennen.
Die Gefühlswelt hatte nun in den letzten Tagen die Oberhand. Ich war sehr gerührt als wir unter Glockengeläut in die Basilika St. Matthias in Trier einzogen. Auch am nächsten Morgen zog das feierliche Pilgeramt einen nochmals in den Bann.
Wir hatten das Glück, das Bruder Matthias unsere Pilgerreise begleitete. Er zeigte uns das Kloster und konnte uns interessantes vom Klosterleben berichten.

Bei der Rückkehr in Holzbüttgen wurde  in der Kirche das Gemeinschaftsgefühl durch den geschlossenen Kreis um den Altar nochmals sichtbar.
Man verabschiedete sich von jedem Einzelnen mit  den besten Wünschen.

Nach dem Pilgern:

Mindestens eine Woche  nach dem Pilgern hatte ich Flügel, sah alles durch eine rosarote Zauberbrille und ich hätte gerne einen Brief an die Krankenkasse und an alle Ärzte geschrieben, verordnet allen Menschen mit Depressionen oder Burn-out Syndrom eine Pilgerreise.
Denn dort findet man Seelenfrieden und entdeckt neue Hoffnung.
Hoffnung ist Lebenselixier und gibt dem Leben erst einen Sinn.
Voll getankt mit neuer Hoffnung ging es wieder in den Alltag.
Ein Liederohrwurm begleitete mich noch einige Tage: Komm sag es allen Leuten…

Während ich in Trier noch zögerlich mit der Aussage war, im nächsten Jahr wieder dabei sein zu wollen, sage ich einige Wochen später,

Nach dem Pilgern ist vor dem Pilgern!

 

Katharina Revers


Katharina Revers, SMB Holzbüttgen
2008 KatharinaRevers